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Bericht zur GOR'97 (German Online Research), Köln, 21.-22.11.97, Veranstalter: German
Internet Research List (Gir-L)
Eigentlich ist es ziemlich unklar, mit
wem man im Internet zu tun hat. Ein Vergleich muß darum - was die Erreichbarkeit betrifft
- ständig parallel mit konventionellen Informationsmedien gezogen werden. Repräsentativ
sind z.B. Internet-Umfragen keinesfalls, da ja aktiv die im Internet vorhandene
Information (resp. Teilnahmemöglichkeit) gefunden und akzeptiert werden muß. Eine
besondere Rolle nimmt darum die Werbung für Internet-Information - nicht nur im Internet
- ein! Nur 4 1/2 Prozent der Bevölkerung sind Internet-Nutzer. Internetlerinnen scheinen
eher eMail und Diskussionslisten und Internetler eher das WWW und Suchmaschinen
vorzuziehen (Hauptmanns, Bosnjak). Voraussichtlich stellt sich bei solchen
geschlechtsspezifischen Nutzungsmustern aber auch die Frage, innerhalb welcher
Arbeitsverhältnisse man mit dem Internet zu arbeiten hat. Für die USA kann man sagen,
daß unter Internet-Benutzern die Computerbenutzer und Universitätsangehörigen
überrepräsentiert sind - was beim Informationsangebot unbedingt berücksichtigt werden
sollte. Will man verläßliche Informationen über Internet-Nutzung haben, so verfolgt man
am besten die Besucher von fest definierten WWW-Seiten aus (z.B. mit dem Programm NthViz
von InCom, vgl. Pfleiderer). Hierzu gibt es neben der Benutzung der eMail-Adresse des
Besuchers zwecks Rückfragen eine Menge Tricks und Kniffe, nicht-reakiv Logfiles
auszuwerten und selbst Proxies, die Seiten für den Kunden zwischenspeichern, und
dynamische Internet-Protokoll-Identifikationen (IP) auszubooten (Werner). In diesem
Zusammenhang mit Rückfragen dürfte beachtenswert sein, daß bei eMail-Kontaktierungen
von einer gewissen Schwundrate auszugehen ist, da entweder der Transport, der
Rechnerzugang oder die Personenkennung nicht funktionierte (Nasa). Das Non-plus-ultra war
die Vorstellung des Einsatzes von Bots (Internetagenten), die in der Kommunikationsskala
zwischen Mensch und Textinformation rangieren, da sie individuell Anfragen beantworten und
Rückfragen stellen können (Janetzko). Außer WWW-Spezifika werden hier natürlich Fragen
der Machbarkeit und Leistungsfähigkeit von KI-Verfahren angesprochen.
Ein andererTthemenkomplex befaßte sich mit der Frage,
wieweit WWW-Messages bei wem, wie überkommen - hier mit Hinblick auf Fragebögen (z.B.
Gießener-WWW-Fragebogengenerator, SMAN) und Tests (Gräf: Internet Rogator, Reips:
Web-Labor). Selbst oder gerade bei Umfragen ist es von erheblicher Bedeutung, ob sie
graphisch ansprechend gestaltet sind, ob ein schneller Interaktionsprozeß zustande kommt,
ob es angemessene Belohnungen gibt. Auch sollte sichergestellt werden, daß beim Klienten
die Information bildschirmgerecht, also ungestört, ankommt. Hier fehlen noch einige
eindeutige Empfehlungen für HCME (Hypermedia Computer-mediated Environment). Wieweit
Inhalte im Internet grundsätzlich komplexer als andere (Text-)-Informationen sind
(Rössler) wurde kontrovers diskutiert: vielleicht verdeutlicht das Internet nur
Relexivitätsprozesse, die es auch bei anderen Interaktionen gibt, aber sträflich
vernachlässigt werden. Eine qualitative Betrachtungsweise von MUDs (Multi-User Domains)
zeigte, daß solche Teilnehmer virtueller Kommunikationsräume sich in keiner Weise von
anderen Mitmenschen zu unterscheiden scheinen (Utz). Auch die Analyse von abgerufenen
WWW-Seiten auf einem Uni-Server deutete darauf hin, daß die Inhalte der WWW-Nutzung sich
anderen Informations- und Unterhaltungsangeboten anzunähern scheinen (Berker). Bei
Mailinglisten scheint die Herstellung von Sinnbezügen in einem diffuseren
Kommunikationsraum vorzuherrschen gegenüber kausalitätsbegründenden Interaktionen in
(konventionellen) bilateralen Gesprächen (Hofmann). Eine Netzwerkanalyse einer
eMail-Liste ergab neben speziellen typischen Positionen von aktiven 'Postern', daß 2/3
der Eingeschriebenen 'Lurker', d.h. rein passive Teilnehmer sind.
Die Abstracts zu den Vorträgen befinden sich unter <http://www.infosoc.uni-koeln.de/girlws/abstracts/>;
weiter werden die Beiträge veröffentlicht werden und im nächsten Jahr wieder eine GOR
am 19./20.11.1998 <http://infosoc.uni-koeln.de/gor98/abstracts/>
stattfinden.
H. Peter Ohly
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